Bier brauen? Warum das denn? Gutes Bier gibt es doch für 30 Cent an jeder Ecke!
Wenn ich erzähle, dass ich Bier braue, gehen die Reaktionen sehr weit auseinander... die einen belächeln einen und machen sich lustig, die anderen sind total begeistert und möchten sofort mitmachen.
In diesem Artikel möchte ich meine Motivation aufzeigen, andere potentielle Hobbybrauer ermutigen und später in weiteren Posts über Ausrüstung, Verfahren und Rezepte informieren.
Werdegang
Neben Whisky ist Bier mein all-time favourite unter den alkoholischen Getränken. Und das gilt für fast jede Bierart und so habe ich mich durch, bzw. zusammen mit meinem Vater schon früh mit dem Bier brauen beschäftigt. Unsere Pläne eine ausgemusterte Waschmaschine zur Maischmaschine upzugraden, wurde aber leider nie in die Tat umgesetzt.
Nach Jahren mit regelmäßigem Geschmackstraining mit diversen nationalen und internationalen Biersorten, war ich von der aus Amerika herüberschwappenden Craftbeer-Welle extrem begeistert. Diese intensiven Aromen und geschmacklichen Unterschiede waren bei meinen ersten "Craft-Bieren" überwältigend und haben mich wieder intensiv in das Thema "Bier brauen" gezogen ohne jedoch konkret zu werden.
Mitte 2016 erzählte ein Freund, dass er mit einem anderen Bekannten ein „Bier brauen“ - Seminar besucht hatte und auch ein weiterer Freund mit einem weiteren Bekannten mit dem Brauen begonnen hat. So kam es relativ schnell zum Zusammenschluss und der Gründung, bzw. Erweiterung des Braukollektivs Nord. Dadurch konnte ich mir viel Know-how bei den Kollegen abgreifen und nötige Resourcen zusammenlegen.
Motivation
Warum aber selber Bier brauen, wenn doch für viel weniger Geld und Aufwand an jeder Ecke gutes Bier zu bekommen ist?
Da ist zunächst der kreative Prozess der Rezepterstellung. Das Austüfteln eines Rezepts fängt an, welche Bierart grundsätzlich gebraut werden soll. Ale, Lager, Weizen, Porter, Stout, Wit usw…. es gibt ja so vieles, was man evtl. noch nicht mal getrunken hat. Wenn diese Überlegung getroffen ist, ist die Zusammenstellung der Zutaten zumindest schon mal etwas eingeschränkt, aber dennoch auch hier unzählige Möglichkeiten:
Malzvarianten, genaue Mengen an Malz und Hopfen, Hopfenarten und evtl. auch spezielle Zutaten wie Gewürze o.ä.
Dann die Herstellung:
Wie lange mache ich die Rasten, um eher ein trockenes oder ein süffiges Bier zu bekommen, wann welche Hopfen in welcher Menge usw.
Und zum Schluss die Gärung und Lagerung.
Vergäre ich eher bei höheren Temperaturen um den Hefe-Charakter ins Bier zu nehmen? Wie viel Kohlensäure möchte ich im Bier? Möchte ich eine (Eichen-)Fass-Reifung? Wann ist der beste Zeitpunkt zum Trinken?
Wie man sieht, gibt es also unzählige Schrauben, an denen gedreht werden kann, um ein Bier nach seinen eigenen Ideen herzustellen. Die Überraschung und Vorfreude, ob das fertige Produkt den Ideen und Vorstellungen entspricht, ist unbeschreiblich.
Die Entwicklung eines Bieres vom Jungbier zum ausgereiften Bier zu „beobachten“ ist ebenfalls sehr interessant und ich hätte niemals eine solche Geschmacksveränderung für möglich gehalten.
Zugeben muss ich, dass der Brauprozess ziemlich zeitaufwendig und auch anstrengend ist, allerdings hat der ganze Prozess etwas Meditatives. Wenn dann noch gute Freunde mithelfen und dabei die vorherigen Resultate kritisch gekostet werden, ist ein guter Tag sinnvoll genutzt.
Ein weiterer, wenn auch strittiger Punkt ist das deutsche Reinheitsgebot. Die Möglichkeiten als Hobbybrauer seine Biere zum Beispiel mit schönen Gewürzen zu verfeinern erlauben weitere Level an Kreativität und sehr erstaunte Blicke bei Verköstigungen.